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Die Geschichte des Marienwallfahrtsortes in Stoczek Klasztorny in der Erzdiözese Ermland (Warmia) reicht bis ins Mittelalter, wahrscheinlich noch in die Zeit der Gründung des Dorfes Stoczek 1349 durch den ermländischen Bischof Hermann von Prag zurück.

Nach alter Überlieferung soll ein Missionar eine kleine Madonnenfigur an einer hohen Eiche aufgehängt haben. Angeblich wurde diese "aus Elfenbein" angefertigt. Bereits in der Zeit des Bischofs Stanisław Hozjusz sorgte der Pfarrer des Kirchspiels Kiwity (fr. Kiwitten), wo Stoczek lag, für die Errichtung einer Kapelle, um die gefundene Marienfigur zu beherbergen. Der Ort war durch zahlreiche Gnaden und Wunder berühmt. Viele Pilger besuchten die Kapelle vornehmlich zu Marienfesten. In der Reformationszeit in Preußen wurde die Statue zerstört und die Kapelle selbst geschändet. Trotzdem wurde die Gottesmutter an dieser Stelle auf besondere Weise weiter verehrt.

Die Entstehung des Wallfahrtsortes (in der heutigen Form) war mit der politischen Lage Polens im 17. Jahrhundert (Kriege mit Russland, der Türkei und Schweden) sowie mit der besonderen Marienverehrung des Bischofs Mikołaj Szyszkowski (im Amt 1633-1643)verbunden. Angesichts großer Schäden in seiner ermländischen Diözese - durch die protestantischen Schweden zugefügt - und der Unsicherheit des Waffelstillstandes zwischen Polen und Schweden verpflichtete er sich, in diesem Gebiet eine Kirche zur Ehre der Gottesmutter zu errichten, falls der ersehnte Frieden zustande käme. Am 12. September 1635 wurde endlich in Sztumska Wieś (dt. Stuhmsdorf) ein Waffenstillstand für 26 Jahre abgeschlossen. Bischof M. Szyszkowski erfüllte sein Gelübde und ließ 1639-1641 ein Gotteshaus mit einem runden Grundriss und einer Kuppel nach dem Vorbild der römischen Basiliken erbauen. Die Kirche sollte eine Gabe für die Königin des Friedens sein. 1640 ließ der Bischof auch eine Kopie des Gemäldes der Gottesmutter "Salus Populi Romani" aus Rom herbeibringen.

 

           

     

Von 1708-1711 wurde das Gotteshaus von vierflügeligen Kreuzgängen umgeben. Die Sorge um die Wallfahrtskirche wurde den Franziskanern aus Braniewo (fr. Braunsberg) anvertraut. Bischof Szyszkowski ließ für die Mönche ein Kloster aus Holz errichten. Jedoch bald wurde dieses Gebäude zu klein und deshalb sorgte Bischof Jan Wydżga für den Bau eines neuen aus Ziegel. Jedes Jahr pilgerten Tausende Wallfahrer zu diesem Ort, Maria, der Mutter des Friedens geweiht. Es ereigneten sich viele Wunder, hauptsächlich Heilungen von tödlichen und unheilbaren Krankheiten: Epilepsien, Kopfschmerzen, Augen- und Gehörbeschwerden, Beinschmerzen oder Befreiung von der Pest.

Ein großer Marienverehrer und Wohltäter für Stoczek war der Primas Polens, Stefan Kardinal Wyszyński. Er wurde von den kommunistischen Machthabern interniert und im verlassenen, kalten Klostergebäude gefangen gehalten (von 1953-1954). Am 8. Dezember 1953 legte er hier in der Gefängniszelle sein Gelöbnis der persönlichen Hingabe an die Gottesmutter ab, welches später von ihm über die gesamte polnische Nation in Form von Gelöbnissen im Kloster Jasna Góra in Tschenstochau ausgeweitet wurde. In Stoczek entwickelte der Primas den Gedanken an das Große Novene (neun Jahre lang andauernde Andachten) vor dem Millennium der Christianisierung Polens. Im Kloster wurde eine "Gedenkstube" für den Primas eingerichtet und in der Kirche ein Bronzerelief angebracht, deren Stifter der Primas Polens, Józef Kardinal Glemp war.

Stoczek ist vor allem ein Wallfahrtsort zur hl. Maria, der Mutter des Friedens. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Stelle ist aber die schöne Natur, insbesondere der hübsche Klostergarten, welcher Stille und Ruhe bietet. In dieser Umgebung kann man über unvergängliche Werte nachsinnen. Eine besondere Botschaft dieses Ortes besteht in der Verbreitung der Idee des Friedens und der Versöhnung zwischen den Nationen, in der Tradition des geistigen Erbes Wyszyńskis. Heutzutage finden an diesem Ort Konzerte zu besonderen Anlässen, Freilichtmalerei, geistliche Übungen und Besinnungstage für die Gläubigen statt. Viele suchen hier innere Ruhe für sich, Erholung von der alltäglichen Belastung und vor allem Lebenssinn.

 

          
     

Seit 1957 betreuen die Basilika die Patres von der Marianer-Kongregation, welche viele Jahre lang das Kloster und die Kirche von den Kriegszerstörungen und -plünderungen renovierten. Lange dauerten auch die Vorbereitungen für die feierliche Krönung des wundertätigen Gemäldes der hl. Maria, der Mutter des Friedens, welche Papst Johannes Paul II. am 19. Juni 1983 in Jasna Góra (Heller Berg) in Tschenstochau vollzog.

 

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Vom 12. Oktober 1953 bis zum 6. Oktober 1954 wurde der Primas von Polen, Stefan Kardinal Wyszyński im Klostergebäude in Stoczek Klasztorny (fr. Springborn) in Gefangenschaft gehalten. Er wusste damals überhaupt nicht, wo seine Internierungsstelle liegt. Auch das wundertätige Mariengemälde in der Kirche durfte er nicht anschauen. In seinem Gefängnis fühlte der Primas eine innige Nähe zur Hl. Maria, er war Ihr tiefer Verehrer. Am 8. Dezember 1953 vertraute er sich selber der Gottesmutter als Ihr "Sklave" an. Die in Stoczek verbrachte Zeit war bei Primas Wyszyński in besonderer Erinnerung geblieben. Davon zeugt, dass er  am 18. Mai 1977 seinen Rosenkranz dorthin schickte. Diese Kette mit Perlen schmückt heute das Mariengnadenbild im Hochaltar. Die Räume, wo der Primas interniert war, sind zurzeit für Besucher zugänglich. Der Nachfolger des Primas, Józef Kardinal Glemp ließ in der Kirche 1982 eine Gedenktafel für Stefan Wyszyński anbringen.

 

 

             

for. Archiwum Sanktuarium

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 In diesem Zimmer richtete Stefan Kardinal Wyszyński zusammen mit seinen Mithäftlingen eine bescheidene Kapelle ein, wo er alltäglich die Hl. Messe zelebrierte und wo er öfters die ganze Nacht über auf dem Boden im Gebet versunken lag. Am 8. Dezember 1953 legte er vor diesem Gemälde der Hl. Familie sein Gelöbnis der persönlichen Hingabe an die Gottesmutter in Ihre mütterliche Gefangenschaft der Liebe ab. Auch hier vertraute er Jesus Christus über die Hände der Gottesmutter sein ganzes Leben an.

 

 

Schreibtisch, an dem Primas Wyszyński als Häftling arbeitete und in den ersten Tagen seiner Verhaftung die Hl. Messe feierte



   Tageslauf des Kardinals Stefan Wyszyński in der Zeit

     seiner Verhaftung in Stoczek Warmiński


 5.00 Uhr Aufstehen

 5.45     Morgengebete und Andachten

 6.15     Gottesdienst des Priesters Stanisław

 7.00     Persönlicher Gottesdienst

 8.15     Frühstück und Spaziergang

 9.00     Hora minores und Rosenkranzgebet (1. Teil)

 9.30     Persönliche Arbeiten

13.00     Mittagessen und Spaziergang (verbunden mit dem

          Rosenkranzgebet (2. Teil)

15.00     Vesper und Kompletorium

15.30     Persönliche Arbeiten

18.00     Matutinum cum Laudibus

19.00     Abendbrot

20.00     Rosenkranzandacht und Abendgebete

20.45     Private Lektüre

22.00     Nachtruhe

 

 

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Persönliche Hingabe an die Gottesmutter

     des Primas Stefan Wyszyński

am 8. Dezember 1953 in Stoczek Klasztorny

 

 


Heilige Maria, Gottesmutter und Jungfrau,

ich wähle Dich heute zu meiner Herrin 

Vermittlerin, Patronin, Beschützerin und meiner Mutter

Ich fasse den festen Vorsatz und gelobe,

dass ich Dich nie verlasse,

nichts gegen Dich sage und tue.

 

Ich lasse nicht zu, dass andere irgendwas tun,

was Deine Ehre verletzt.

Ich flehe Dich an, nimm mich für immer an als

Deinen Diener und Dein Kind.

Komm mir zu Hilfe in allen Nöten meiner

Seele und meines Leibes und bei der Seelsorgearbeit

für andere.

 

Ich vertraue mich Dir, Maria, völlig in Deine Gefangenschaft

an und als Dein Sklave opfere ich Dir meinen Leib und

meine Seele, innere und äußere Güter, sogar

meine guten Taten, sowohl in der Vergangenheit als auch

jetzt und in der Zukunft.

Ich überlasse Dir das unbegrenzte und ausschließliche Recht

über mich selbst und alles, was mir gehört,

frei zu verfügen. Ich tue es zur größeren Herrlichkeit

Gottes, jetzt und in aller Ewigkeit.

 

Ich möchte über Dich, mit Dir und für Dich

zu einem Sklaven werden und mich Deinem Sohn völlig ergeben.

Lass mich ein Sklave Deines Sohnes sein,

so wie ich mich in Deine Gefangenschaft begab.

 

Alles, was ich tun werde

über Deine unbefleckten Hände,

Du Vermittlerin aller Gnaden,

vertraue ich Dir zur Ehre der Heiligen

Dreifaltigkeit an - Soli Deo!

 

O Heilige Mutter von Jasna Góra,

verlasse mich nicht in meinem Tun

und zeige Dein reines Antlitz in

der Stunde meines Todes.

Amen

 

 

 

Lebenslauf des Kardinals Stefan Wyszyński


 


03.08.1901: Geburt in Zuzela am Bug.

 

03. 08. 1924: Priesterweihe im Dom von Włocławek.

 

1929:  Promotion im kanonischen Recht an der

       Katholischen Universität Lublin.

 

1929-1930: Dank eines Stipendiums Aufenthalt in Österreich,

Italien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Deutschland.

 

21.10.1941: Verhaftung durch die Gestapo und nach Verhör Freilassung.

 

06.1942: Kaplan für blinde Kinder in Laski b. Warschau. Lehrer

an einer geheimen Schule.

 

03.1944: Kaplan der polnischen Landesarmee AK im Gebiet des Kampinoska-Urwaldes, im Leutnants-Grad, mit Deckname "Radwan III.".

 

07.1944: Mitbegründer des Aufständischen-Krankenhauses in Laski.

 

12.05.1946: Bischofsweihe aus den Händen des Primas August Hlond auf Jasna Góra (Heller Berg) in Tschenstochau.

 

12.11.1948: Ernennung zum Erzbischof-Metropolit von Gnesen und Warschau, zugleich Primas von Polen.

 

26.09 - 12.10.1953: Verhaftet von der kommunistischen Staatsmacht Polens in Rywałd Królewski.

 

12.10.1953 - 06.10.1954: Eingesperrt in Stoczek Warmiński.

 

08.12.1953: Persönliche Hingabe an die Gottesmutter in Stoczek

Warmiński.

 

06.10.1954 - 27.10.1955: Haft in Prudnik Śląski.

 

27.10.1955 - 28.10.1956: Haft in Komańcza.

 

26.08.1956: Gelöbnis der polnischen Nation auf Jasna Góra.

Auf dem leeren Thron des Primas von Polen ein rot-weißer Blumenstrauß.

 

18.05.1957: Übergabe der Kardinalsinsignien aus den Händen

des Papstes Pius XII.

 

1962-1965: Teilnahme an vier Sessionen des II. Vatikanischen Konzils.

 

15.09.1964: Übergabe der Bitte des polnischen Episkopates an Papst Paul VI. zur Erklärung der Hl. Jungfrau Maria zur Mutter der Kirche und Weihe der ganzen Welt Ihrem Unbefleckten Herzen.

 

18.11.1965: Botschaft der polnischen Bischöfe an ihre deutschen Brüder.

 

03.-0.4.05.1966: Feierlichkeiten zum Millennium der Christianisierung Polens - auf Jasna Góra in Tschenstochau.

 

05.09.1971: Hingabe der Welt an Maria, Mutter der Kirche.

 

08.12.1975: Teilnahme an der Erklärung der Hingabe der Welt an die Gottesmutter durch den Papst Paul VI.

 

14.-16.10.1978: Teilnehmen am Konklave, welches Papst Johannes Paul II. wählte.

 

28.05.1981: Hinscheiden am Fest Christi Himmelfahrt.

 

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1. Januar 1954, Freitag

 

    Ich erneuere meine besten Gefühle für alle Menschen: Für diejenigen, die mich direkt umgeben und diejenigen, welche fern von mir sind und meinen, dass sie über mein Schicksal entscheiden, welches doch endgültig völlig in den Händen des Himmlischen Vaters liegt. Ich hege im Herzen keinen Widerwillen, Hass oder keine Rache gegen irgend jemanden. Mein tiefer Wunsch ist, sich gegen derartige Gefühle zu wehren - durch die Anstrengung meines Willens und mit Hilfe der Gottes Gnade.

    Erst mit einer derartigen Gesinnung und mit einem derartigen Gefühl habe ich das Recht zu leben, da nur dann mein Leben zum Bau von Gottes Königreich auf Erde beiträgt [...].

 

                    Stefan Kardinal Wyszyński "Zapiski więzienne"

                                    (Aufzeichnungen im Gefängnis)

 

1. Januar 1954, Freitag

Heute konnten wir ein besonderes "Ereignis" erfahren. Am äußersten Rande des Gartens, unter den Linden, gelangten zu uns Töne von Musik und Gesang. Wir erkannten, dass es ein geistlicher Gesang war, obwohl es auch Radiomusik sein könnte. Bis jetzt konnten wir noch kein lebendiges Zeichen des religiösen Lebens aus der Kirche wahrnehmen, die doch an unser Gefängnis anstößt. Langsam erkannten wir die Melodie des Weihnachtsliedes "Kommen wir alle zur kleinen Krippe". So sangen die Gläubigen in Begleitung der Orgelmusik. Beim gespannten Lauschen ließen sich lediglich die Worte vernehmen: "Du wurdest in dieser Nacht geboren, damit Du uns der teuflischen Macht entrissest". Der Gesang war leise, aber auch die Entfernung groß. Nie zuvor konnten wir einmal einen kirchlichen Gesang hören, obgleich uns manchmal das Läuten der Glocke zur Heiligen Messe erreichte. Nun bei dieser Erfahrung strahlten wir beide vor Freude. Wir sind ja Menschen der Kirche. Der Dienst für Gott und das Gebet mit den Gläubigen bereiten uns  tiefe Freude. Es scheint, dass wir gerade dieses gemeinsame Gebet am meisten vermissen. Das Zeichen des gemeinsamen Gebetes stellt für uns die größte Freude unserer "Weihnachten" dar.

 

                  Stefan Kardinal Wyszyński "Zapiski więzienne"

                                    (Aufzeichnungen im Gefängnis)

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